Laut Forschungsergebnis von 2017 ist die Masse von Insekten um 75% geschrumpft – hat sich was verbessert?

Innerhalb von 30 Jahren ist die Masse an Insekten in Deutschland um 75 Prozent geschrumpft. Dieses Forschungsergebnis löst 2017 einen weltweiten Aufschrei aus. Seitdem hat sich viel getan. Besser geht es den Sechsbeinern hierzulande trotzdem nicht – im Gegenteil.

Das Studienergebnis der Entomologen sorgte nicht nur für einen breiten Aufschrei, sondern löste auch einen enormen Tatendrang aus. In ihrem 2018 geschlossenen Koalitionsvertrag versprachen sich SPD und Union etwa „das Insektensterben umfassend zu bekämpfen“.

Der Durchbruch – zumindest, was Bekenntnisse zum Artenschutz angeht – gelang der Welt schließlich Ende 2022 in Montreal: Auf der UN-Biodiversitätskonferenz einigten sich die Staaten auf das größte Naturschutzabkommen aller Zeiten. Bis 2030 sollen mindestens 30 Prozent der Land- und Wasserflächen unter Schutz gestellt werden – eine essenzielle Maßnahme, um den Verlust von Arten und Ökosystemen zu stoppen.

Im vergangenen Juni zog die EU nach. Mit dem EU-Renaturierungsgesetz wurde erstmals verbindlich beschlossen, geschädigte Ökosysteme wiederherzustellen. Bis 2030 müssen die Mitgliedstaaten mindestens 30 Prozent der geschädigten Flächen an Land und im Wasser wiederherstellen. Wie genau sie das tun, bleibt ihnen überlassen. Möglich ist etwa, Moore wieder zu „vernässen“, Bäume in Städten zu pflanzen oder Flüsse wieder in ihren natürlichen Zustand zu versetzen.

Im Prinzip ist der Schutz der Artenvielfalt viel wichtiger als der Klimaschutz“, erklärt der Wissenschaftsjournalist Dirk Steffens im Gespräch mit ntv.de. „Denn die Klimakrise stellt infrage, wie wir leben – aber das Artensterben, ob wir leben.“

Klar wird: Ein funktionierendes Ökosystem kann es ohne Artenvielfalt nicht geben. Den Insekten kommt dabei eine essenzielle Rolle zu, stehen sie doch am unteren Ende der Nahrungskette. Ihr Wegfall wäre damit fatal für alle Lebewesen, die danach kommen, wie Vögel oder Amphibien. Ganz abgesehen von der mageren Lebensmittelauswahl, die den Menschen noch bliebe, wenn es keine Insekten gäbe, die Pflanzen bestäuben.

Zustand „alarmierend“

Nun sind Bekenntnisse das eine, die Umsetzung von Maßnahmen jedoch das andere. An dieser Stelle kommt das „Aber“ von Biodiversitätsforscher Scherber ins Spiel: „Es wurde einiges getan, aber es muss noch deutlich mehr passieren.“ Der Zustand der Artenvielfalt bei Insekten in Deutschland sei „nach wie vor alarmierend“. Der Experte wird deutlich: „Es gibt keine Hinweise, dass sich die Lage verbessert oder auch nur erholt hat. Im Gegenteil: Die Roten Listen zeigen, dass wir immer mehr gefährdete Arten haben.“

Verantwortung bei den Kommunen

Bekannt ist diese dramatische Entwicklung auch nicht erst, seitdem die Krefelder Forscher konkrete Daten vorlegten. „Seit den 1970er-Jahren hat es etliche Studien gegeben, die zeigen, dass es mit der Artenvielfalt bergab geht“, sagt Scherber. „Die Krefeld-Studie ist da nur die Spitze des Eisbergs.“ Das immense Artensterben habe zwar ganz verschiedene Ursachen. Scherber weist auf das veränderte Klima, Lichtverschmutzung, den Pestizideinsatz und eine Stickstoffüberlastung in der Landwirtschaft hin. „Der größte Hebel liegt allerdings immer noch in der Landnutzung.“

Scherbers Hoffnung im Kampf gegen das Artensterben liegt daher weniger auf den Regierungen. „Ich glaube, dass wir nicht auf die Politik warten sollten“, sagt er. Vielmehr könne jeder Einzelne etwas bewirken, möglicherweise durch Einfluss an seinem Arbeitsplatz oder auch nur im eigenen Garten, sagt der Experte. „Der Anstoß muss nun aus der Gesellschaft kommen, dann bewegt sich am Ende auch die Politik.“ Denn klar ist: Der breite Aufschrei um die Krefelder Studie mag ein Ende gefunden haben – das Artensterben der Insekten in Deutschland jedoch nicht.

Quelle: https://www.n-tv.de/wissen/Konnte-Deutschland-das-dramatische-Insektensterben-stoppen-article25237376.html

Ein Kommentar

  1. Leider kommt von der politischen Führung hier nichts! Hier wird nach dem Motto: „Augen zu und durch“ weiter alles an Natur platt gemacht was geht. Das Areal um die Moorlinse ist hier ein perfektes Beispiel. Hier gibt es ein Gebiet mit einer so Artenreichen Vielfalt, weil es ein Zusammenspiel von Moor, Wiesen, Waldflächen gibt.

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